EM der Contender bei der 83. Warnemünder Woche

Bericht im Nachgang zur Europameisterschaft 2021 in Warnemünde

Liebe Seglerinnen und Segler, der nachfolgende Bericht zur EM 2021 der Contender in Warnemünde soll Euch einen Einblick in die Geschehnisse und Erlebnisse unseres 4-köpfigen Regatta-Teams aus Leipzig wiedergeben.

   

vor der EMDas von uns kurzfristig angesetzte Trainingswochenende brachte uns an den Urlaubsort Kühlungsborn, wo uns der Segelclub Kühlungsborn e.V. die Möglichkeit gab, die Räumlichkeiten sowie den heimischen Strand und die Welle für unsere Vorbereitung zu nutzen. Nach zwei intensiven Trainingstagen mit spannenden Match Races vor der Strandpromenade bei besten Bedingungen mit bis zu 13 Knoten Wind begaben wir uns für eine Woche wieder zurück nach Leipzig. Unsere Boote durften wir dabei stehen lassen und somit konnten deren Rümpfe die leichten Winde, versetzt mit kristalliner Salzstruktur, genießen und auf ihren Einsatz warten.

Wir waren voller Vorfreude - die Stunden wurden gezählt - endlich alle wahnsinnigen Contender-Verrückten wiederzusehen. Am Donnerstag, dem 01.07.2021, fuhren wir mit gepackten Trailern nach Warnemünde Mittelmole – Austragungsort der Warnemünder Woche.

Am Freitag, dem 02.07.2021, wurden unsere Contender in wenigen Schritten am frühen Morgen aufgebaut. Auf dem Programm für Freitag und Samstag standen die „Pre-Worlds“ – die Vorbereitungsregatta für das eigentliche Segelevent. In den Wettfahrten bei Winden mit 5-6 Bft aus Nordwest konnten wir die Umgebung und das Revier kennen lernen und unsere Contender-Kollegen an der Startlinie als „Gegner“ wiederfinden. Hierbei wurde uns bewusst, dass wir Binnensegler uns schnell an die gleichmäßige Windsituation und erhöhten Wellen gewöhnen müssen. Insgesamt vier Wettfahrten gaben uns die Chance unsere Einstellungen und Anpassungen beim Trimm und im Handling zu optimieren.

Am Samstag, dem zweiten Tag der vorbereitenden Wettfahrten, zeigte sich, dass uns die Starts schon besser und ruhiger von der Pinne „gehen“. Erste Frühstarts werden mit Rückruf und Blackflag beantwortet: „Okay, so langsam wird es ernst!“ meinte man und riskierte/trainierte den perfekten Start. Hier können wir jetzt noch Üben, und jedem wird bewusst, dass wir beim Start um jeden Zentimeter „kämpfen“ müssen.

Start der EMIn den zwei Tagen Vermessung reichten wir Hand in Hand die einzelnen Bestandteile unserer Boote zu perfekt vorbereiteten Vermessungsstationen und sammelten Step-by-Step die jeweiligen Unterschriften und Aufkleber für das Vermessungsprotokoll. Mit Akribie wurde darauf geachtet, dass Boot, Mast und diverse weitere Teile kein Gramm zu leicht waren oder über die Vermessungsmarken hinausreichten. Durch den perfekten Takt der Vermesser mussten am zweiten Tag nur noch wenige Boote vermessen werden.

Di., der 06.07.2021

the show must go on” – nach der Eröffnung der Veranstaltung mit der üblichen Steuermannsbesprechung und der Vorstellung der jeweiligen Teams auf dem Wasser waren wir vermutlich mental schon auf der ersten Kreuz. Eine kurze Abmeldung beim Raceoffice mittels ID-Chip-Armband am Terminal schickte uns virtuell auf das Feld und das Zeitfenster für das Slippen an der Anlage bescherte uns ein gutes An- und Ablegen - gut organisierte Landhelfer nahmen unsere Slipwägen ab und sortierten diese bis zur Rückkehr am Rand der Anlage ein. Getrieben von der Aufregung und Spannung – „wie wird der erste Start sein?“ – „Welche ist die bevorzugte Seite – „Startboot oder Pin-End?“ - „Wo liegen überhaupt die Tonnen?“ - Bevor man sich so richtig vorbereiten konnten, ertönte schon das Startsignal. „Auf gehts, erstes Race!“ Ein sauberer erster Start und wir ordneten uns von Start bis Ziel - nach Leistungsfähigkeit und Erfahrung - ein. Das zweite Race verlief ebenfalls sehr dynamisch. Erste Frühstarts werden mit einem allgemeinen Rückruf zurück geordert. Jeder wusste, dass jedes Ergebnis in den kommenden fünf Tagen zählen wird und man entschied sich, beim zweiten und dritten Versuch etwas verhaltener vorzugehen. Auch war jedem klar, dass die schier endlos erscheinende Startlinie dazu beitrug, dass man nicht immer genau wusste, ob man eigentlich schon „drüber“ war. Beim dritten Versuch schafften wir es gemeinsam, hinter der Linie und nach dem Signal, zu starten. Die jeweiligen Bilder im Netz und Instagram zeigen, dass dies keine leichte Sache war. Zurück an Land wurde der jeweilige Tagessieger gekürt. Beim gemeinsamen Beisammensein in einem luftdurchströmten Zelt mit den tagesaktuellen Präsentationen des Video- und Fotomaterials wurden aus 'Gegnern'  wieder Freunden und Kollegen innerhalb der Klasse.

Mi., der 07.07.2021

Tag zwei der EM 2021 - Der angekündigte Wettervorhersage wurde Realität und entgegen anderen Meinungen bescherte Rasumus uns zum Frühstück und Mittag einen klaren Himmel mit viel Sonne und so gut wie keinem Wind. Nach Aussagen der Wettfahrtleitung wurde neben einer zweistündigen Startverschiebung fleißig an den Booten getrimmt und gesellig über die Faszination des Segelsportes geplaudert. Neben der Begutachtung anderer Boote wurden verschiedenste Leinenführungen, ihre Vor- und Nachteile und manch eine Spinnerei an Bord diskutiert und gelacht. Nach AP über A entschlossen sich viele, dem abendlichen Unterhaltungsprogramm beizuwohnen und am Strand sowie in der Altstadt von Warnemünde zu entspannen. Ebenfalls wurde später bekannt gegeben, dass wir am nächsten Tag eine zusätzliche Wettfahrt avisieren um den Verlust über die nächsten Tage wieder aufzuholen.

Do., der 08.07.2021

Die Wettervorhersage versprach an diesem Tag einen eher leichten Wind; ablandig mit wenig Welle. Genau diese Bedingungen gaben dem einen oder anderen die Möglichkeit, die Binnenseeerfahrung auszuspielen. Bei 8 Knoten und ersten kleinen Winddrehern wurde die erste Wettfahrt des Tages angetönt. Der erwartete große Winddreher trug dazu bei, dass diese Wettfahrt unterbrochen wurde. Nach der Verlegung des Kurses frischte der Wind wieder auf, kleine Böen entwickelten in der Spitze bis zu 12-14 Knoten. Nach dem Neustart der ersten Wettfahrt und bis zum Ende der zweiten Wettfahrt blieb das gesamte Regattafeld dicht beisammen. Alle Segler versuchten bis zum Ende die Kraft, Geduld und Nerven zu bewahren und in den schwachwindigen Bedingungen ohne Oscar (Aussetzung von Regel 42 – Pumpen) die Nerven zu bewahren. Die Schiedsrichter überwachten streng und waren mit Verweisen nicht sparsam. Den letzte Akt zur dritten Wettfahrt schlossen wir mit einer vierten und zwölften Platzierung in unserem Team überaus erfolgreich ab. Erschöpft und hungrig fuhren wir in den Hafen und erfreuten uns am Champions Dinner und den Gesprächen, während wir nebenbei die Fußball-EM verfolgten. Zuletzt begutachteten wir noch die Neuordnung in der Rangliste und wurden von dem einen oder anderen am Abend oder während der Vorbereitung am Freitagmorgen analysiert.

Fr., der 09.07.2021

Verhältnismäßig gut erholt und ausgeschlafen ging es am Freitag früh aufs Wasser. Der Zwischenstand in der Rangliste erfreute uns mit einem 8.,18.,42. und einem 58. Platz von insgesamt 79 Teilnehmern. Die angesetzten drei Wettfahrten forderten die Muskulatur. Hier hilft dann doch die eine oder andere Magnesium Tablette, um die Freude am Sport und den Zweikämpfen auf dem Kurs aufrecht zu erhalten. Wo sich der eine bei weniger Wind im Trapez austreckte, quälte sich der andere Kollege im halben Trapez. Dies wird sich jedoch am Samstag umkehren, denn die Vorhersage versprach Wind mit etwa 25 Knoten und Wellen bis 2 m.

Sa., der 10.07.2021

Auch am letzten Tag sollen noch zwei weitere Wettfahrten stattfinden. Nach einer eher unruhigen Nacht mit strömendem Regen und sich anbahnendem Sturm standen wir am frühen Morgen an der Mole und sahen hinaus. Augenscheinlich sah man die raue Ostsee von ihrer eher ungemütlichen Seite, bei der einem Besseres in den Sinn kommen könnte, als in dieser See einen Wettkampf zu bestreiten. Die gemessenen Böen mit 35 Knoten, Wellenbrecher die einem das eigene Boot unten den Füßen wegdrücken könnten. „Ist das der heutige Spaßverderber?“„Zu viel Wind?“ Die Wettfahrtleitung kündigte eine Startverschiebung auf 11 Uhr an. „Auch gut!“ Die Nacht war teilweise von Starkregen überzogen und ein zweiter Kaffee kann dem zu geringen Schlaf Paroli bieten. Nach einem Sichtungsausflug eines Jury Bootes entschloss man sich, weitere 90 Minuten an Land zu bleiben und das Vorüberziehen der Wetterfront abzuwarten. Klar war uns allen, dass die gewaltigen Wellen der der offenen See bestehen bleiben werden. Der Entschluss, bei knapp 25 Knoten Wind eine letzte Wettfahrt bis 15:30 Uhr „durch zubekommen“ kommt in letzter Minute. Mit vollem Respekt und voller Vorfreude auf viele Wellen und viel Wind entschloss sich mehr als die Hälfte des Regattafeldes, aufs Wasser zu gehen. Zwischen den Molenköpfen kämpften und hüpften wir teilweise über erschreckend groß aufgebaute Welle, die im Wellental recht wenig Wind für die Weiterfahrt auf die Nächste übrigließ. Dennoch kämpften wir uns über die Passage und erhielten Zugang zum Regattarevier. Leider nahm Holm, der sich am meisten über die Wetterbedingungen gefreut hatte, ein gebrochenes Vorstag im wahrsten Sinne des Wortes den Wind aus den Segeln. Der Aufprall des Bugs in den Wellen hatte wohl zu kurzen Entlastungen des Vorstags geführt, jeweils gefolgt von ruckartiger Spannung mit den Bootsbewegungen in der See, dass eine Ermüdung am eingepressten Vorstagsbeschlag zum Bruch führte und das gesamte Rigg in sich zusammen fiel. Zum Glück blieb ansonsten alles weitgehend heil. Zügig und rechtzeitig vor der kommenden Fähre wurde Holm von einem helfenden Motorboot aus dem Fahrwasser gezogen. Während dessen warteten wir fast eine Stunde bis zum Start. Im Nachgang erführen wir, dass der Anker des Startschiffs aufgrund der hohen Welle gerissen war und in der Zeit nach einer Lösung gesucht wurde. Dann bekamen wir Besuch von einem Bundeswehrmotorboot. Ungewohnt aber originell wurde der Start von diesem Boot signalisiert und wir begannen unsere letzte Wettfahrt beim Signalton mit Platzreserven zur Linie. Auf ununterbrochener Gleitfahrt absolvierten wir den Kurs. Zufrieden, mit einem Grinsen im Gesicht, fuhren wir im Nachgang in Richtung Hafen und begannen die Boote nach einer kurzen Erholung einzupacken. Hand in Hand, wie es sich im Segelsport gehört, wurde der größte Teil der Boote in die Straßentrailer verholt und man hatte dadurch noch Zeit, bis zur Siegerehrung. Dicht gefolgt vom Weltmeister Max Billerbeck gewinnt Jesper Armbrust mit insgesamt fünf ersten Platzierungen in neun Wettfahrten mit zwei Streichern. Eine beeindruckende Leistung bei allen Wetterlagen. Auch dem Rest des Feldes sei eine beeindruckende Leistung attestiert. Die Gesamtergebnisse sind bei Manage2Sail unter der 83.Warnemünder Woche 2021 einzusehen.

ende der emDas erfreuliche Ergebnis im vereinsinternen Team des Cospudener Yacht Club Markkleeberg e.V. geht mit einer 10. Platzierung an Thomas Schrepffer - Chapeau, gefolgt von Marcus Zank mit dem 32. Platz. Für ordentlich Spannung im Mittelfeld sorgten Jörg Gläscher auf Platz 54 und Platz 67 mit einem gebrochenen Vorstag, Holm Taddiken. Respekt für das Regattateam aus der „Seglerschmiede“ am Cospudener See bei Leipzig! Für die ganze Organisation der EM bedanken wir uns herzlich und freuen uns auf ein baldiges Wiedersehen. Aber auch hier sei gesagt, die Saison ist noch nicht zu Ende. Auf dem Programm stehen der Promenadenpokal bei Kühlungsborn, die internationale Deutsche Meisterschaft bei Reichenau (Bodensee) und der Saunacup auf dem heimischen Gewässer.



 

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